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2359 Der erste offene Bereich auf dem Mond.

Ein Bereich der Mondoberfläche wird durch eine immaterielle Kuppel abgeschirmt. Das Gebiet ist offen zum Weltraum, wie die Oberfläche der Erde. Durch technische Maßnahmen werden atmosphärische Bedingungen wie auf der Erde hergestellt, ohne dass eine feste transparente Kuppel, massive Abschirmungen oder Seitenwände nötig sind.

Der offene Bereich hat einen Durchmesser von fünf Kilometern. Die Atmosphäre ist insgesamt drei Kilometer hoch. Davon sind allerdings nur die untersten 100 Meter bewohnbar. Darüber beginnen die Schichten des Einschluss-Systems. Das System gewährleistet einen Druck von 0,7 bar in Bodennähe und einen Sauerstoffpartialdruck, der einen unbegrenzten Aufenthalt ohne zusätzliche Lebenserhaltung ermöglicht.

Eine Kombination von transparenten Abschirmungen und aktiven Techniken hält die Atmosphäre und schützt vor der Strahlung. Der Bereich ist nicht vollständig offen zum Raum. Tatsächlich wird er überdeckt von mehreren Schichten aus Gittern transparenter Streben an denen elektromagnetische Nahfeldprojektoren befestigt, die die Bewegung der Atmosphärenmoleküle nach innen begrenzen. Die größeren Komponenten am Himmel werden durch Metamaterialien für optische Wellenlängen unsichtbar gemacht. Aus Sicherheitsgründen gibt es zusätzlich eine passive schützende Hülle aus transparenter Keramik.

Damit unterscheidet sich der offene Bereich nicht wirklich von anderen transparenten Domen. Aber die Wirkung ist trotzdem beeindruckend. Verlässt man die Mondstadt Vegas durch den neuen Ausgang zum offenen Bereich und spaziert hinunter über die große Freitreppe, dann kommt man in einen grünen Park unter einem dunkelblauen Himmel, wie auf der Erde in 3-4 km Höhe. Das ist ein spektakulärer Unterschied zur übrigen Mondoberfläche die geprägt ist von harter Strahlung, Vakuum und toxischem Feinstaub.

Der offene Bereich wird im Lauf der Zeit immer weiter ausgebaut. 100 Jahre später, bei der Erweiterung auf 20 km Durchmesser verzichtet man auf die schützende Kuppel, da sich die anderen Maßnahmen als sehr zuverlässig erwiesen haben.

Der offene Bereich wird zum beliebten Ausflugsziel für die Bewohner des Mondes und für Touristen. Lange Zeit ist Vegas der Sitz der Solaren Koalition. Obwohl das Sonnensystem nie politisch geeint ist, betrachten viele Menschen Vegas als die Hauptstadt des Sonnensystems. Die Möglichkeit, sich ungehindert von den üblichen Abschirmungen unter einem offenen Himmel zu bewegen, macht Vegas sehr attraktiv. Während der Abschottung der Erde tragen offene Bereiche wesentlich dazu bei, dass Menschen im interplanetaren Raum heimisch werden.

Während des Systemkriegs im 26. Jahrhundert landen Koalitionstruppen im offenen Bereich von Vegas. Die Eindämmungstechnik wird dadurch teilweise beschädigt. Aber Notfallmaßnahmen verhindern eine katastrophale Dekompression. Die Landung im offenen Bereich hat für die Koalitionstruppen den Vorteil, dass sie wie frühere Luftlandetruppen abspringen und dann unter Normaldruck agieren können. Auf diese Weise ist des möglich – für einen Kampf im Weltraum – ungewöhnlich viele Bodentruppen einzusetzen. Die Verteidiger werden dadurch überrascht und überrannt. Nach der Einnahme von Vegas ziehen sich die irdischen Truppen vom Mond zurück.

Anfang des 28. Jahrhunderts lebt mehr als eine halbe Milliarde Menschen außerhalb der Erde. Auf Mond, Mars und anderen atmosphärenlosen Himmelskörpern gibt es viele offene Bereiche mit einer Gesamtfläche von über 2000 Quadratkilometern. Während des Kisor-Kriegs schrumpft die interplanetare Bevölkerung stark und viele offene Bereiche werden aufgegeben, um die Unterhaltskosten zu sparen. In der Endphase des Krieges wird dann die Metropolregion Vegas/Luna wegen ihrer industriellen Kapazität zum Angriffsziel. Auch der offene Bereich von Vegas, einer der letzten noch aktiven, wird dabei zerstört.

2363 Beginn des Baus der Weltraumstadt Nagora in einer weiten Jupiterumlaufbahn.

Der Name wurde gewählt in Erinnerung an S. und H. Nagore, die sich für die Gründung eines Planetenbundes eingesetzt hatten und beide auf tragische Weise umkamen.

2366 Der Nabenrat von Vesta-Prime verkündet die Doktrin des transorbitalen Ausgleichs.

Transorbitaler Ausgleich wurde bis 40 Jahre auf freiwilliger Basis praktiziert, danach auch erzwungen. Die transorbitale Bewegung war hervorgegangen aus einer wissenschaftlich fundierten Synthese der solaren Epizykelökonomie mit der Soziologie der Wanderungsvölker. Die ursprünglich auf ökonomischen Ausgleich im dynamischen System der solaren Ökonomie basierende Idee wandelte sich nach ca. 30 Jahren unter dem Einfluss des Nabenrates in eine Glaubensbewegung, die als religiös motivierte Kolonialisierung missbraucht wurde.

2369 Mabesi-Krise: Schwere soziale und ökonomische Auswirkungen der Netzwelt auf die Realökonomie.

Onjin Mabesi, ein ehemaliger Dockarbeiter von Sdinhavn dominiert seit zehn Jahren durch strategische Überlegenheit und Netzcharisma in so vielen permanenten Disziplinen, wie nie jemand zuvor. Mabesi trat besonders hervor als Organisator und Integrator. Seine Anhängerschaft wuchs bis zu einer durchschnittlichen Aufmerksamkeitsquote von 10%. Die von Mabesi geschaffenen Kommunikationsstrukturen auf allen wichtigen Web-Ebenen geraten in eine Krise. Dabei werden in kurzer Zeit signifikante Werte und Investitionen vernichtet. Der Vorgang löst sowohl netz- als auch realseitig Wertkorrekturen aus, die die Realwirtschaft empfindlich treffen.

2370 Beginn des Spacedom Baus. Fertigstellung nach 55 Jahren.

Die Anlage wird zum wichtigsten religiösen Integrationspunkt der interplanetaren Zivilisation.

Der Spacedom wurde als Begegnungspunkt für die Religionen der Menschheit entworfen. Die Architekten bezogen sowohl die Architektur der historischen religiösen Symbole auf der Erde als auch neue Möglichkeiten der schwerefreien Architektur heran. Schon das anfängliche Design gewann viele Preise.

Nach seiner Fertigstellung ist der Spacedom für 100 Jahre tatsächlich ein wichtiges Zentrum der interplanetaren Zivilisation. Mehrere Religionen haben prominente Strukturen am Spacedom angesiedelt, darunter die Zentrale der vereinigten christlichen Glaubenskongregation im Raum.

Durch erstaunliche und tragische Ereignisse der folgenden 400 Jahre wird der Spacedom zu einem der wichtigsten religiösen und weltlichen Symbole des Solsystems.

2372 Jupiterschutzabkommen.

Der Kongress des Jupitersystems beschließt die Ausweisung von Naturschutzgebieten auf Jupiter. Ende der unregulierten Müllentsorgung auf Jupiter.

100 Jahre wurden alle Arten von Abfall, von biologischem, über chemischen bis zu Reaktorrückständen, in eine instabile Jupiterumlaufbahn entsorgt. Diese Art der Entsorgung war für die Zivilisation im Jupitersystem billig und rückstandsfrei. Die Abfälle stürzten nach 10 bis 30 Jahren ab und verglühten, bzw. verschwanden in den dichten Atmosphärenschichten. Mit dem Abkommen wurden auf Jupiter mehrere Naturschutzgebiete mit insgesamt 30% der Jupiterfläche ausgewiesen. Innerhalb der darauffolgenden 50 Jahre konnte die Entsorgung von belastetem Müll um 80% relativ zum Müllaufkommen reduziert werden. Gleichzeitig wurde das Wachstum der Gasproduktion in der hohen Jupiteratmosphäre begrenzt. Ausgenommen waren nur lebenswichtige Rohstoffe für die Lebenserhaltungssysteme des Jupitersystems, für den Export, Forschungszwecke und einige organische Verbindungen. Dem Jupiterschutzabkommen waren jahrzehntelange Proteste und tausende Aktionen von Umweltschützern vorausgegangen. Das Abkommen war stark umstritten und wurde von 70% (nach Immissions-/Extraktionsvolumen) der Habitate ratifiziert.

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