2222 Piraten im Asteroidengürtel

Langstreckenfrachter LRV Void Wanderer auf dem Weg vom Marsorbit zum trojanischen Asteroiden 911 Agamemnon. Die Frachtcontainer enthalten wertvolle High-Tech-Metamaterialien, Filamente und Komponenten für die Autofabs der Bergbaubetriebe auf Agamemnon. Das Schiff ist gerade dabei, in die vorher gebuchte Materiestromspur einzutreten, um im Flug aufzutanken.

Besatzung:

- Kapitänin Priya Nair, Stationskennung KMDO (Kommando): 52 Jahre alt, Master-Abschluss in Schiffsführung und -betrieb vom Thiruvananthapuram Weltrauminstitut, Kerala. Bevor sie zum Gürtel wechselte, leitete sie mehrere erfolgreiche Missionen für die Raumfahrtbehörde von Kerala. Sie spricht fließend Malayalam und Englisch und hat zusätzlich Mandarin gelernt, um sich ohne automatische Übersetzer mit dem Personal anderer Raumfahrtbehörden unterhalten zu können. Nairs Ausbildung in den klassischen keralischen Tanzformen Kathakali und Mohiniyattam hat ihr ein Gefühl für Rhythmus und ein Bewusstsein für ihren Körper vermittelt, das in der Schwerelosigkeit des Weltraums sehr nützlich ist. Sie praktiziert 0G-Yoga, um trotz der Strapazen der Raumfahrt ihr körperliches und geistiges Wohlbefinden zu erhalten.

- Flugingenieur Tarek Al-Kazemi, Stationskennung BETR (Betrieb): 38, MSc in Luft- und Raumfahrttechnik. Abschluss an der Queen Noor Universität für Mineralien und Automatisierung in Dhahran. Al-Kazemi hat sich während seiner Arbeit bei der Raumbehörde des Kalifats in Kuwait auf Antriebssysteme spezialisiert. Dort entwickelte er auch ein Mikro-Reparaturdrohnensystems für Notfälle auf langen Missionen. Al-Kazemi spricht fließend Arabisch und gutes Mandarin. Seit seinem Studium an der Queen Noor interessiert er sich sehr für Fernmineralogie. Er fotografiert und analysiert Asteroiden und andere Himmelskörper von der Aussichtsplattform des Schiffes aus, wo er ein privates Phased-Array-Teleskop mit synthetischer Apertur (PHASAT) betreibt. Sein Fernmineralogie-Kanal, auf dem er Fotos und Spektren veröffentlicht, hat 7 Millionen Follower, akademische Enthusiasten, Fachleute aus der Industrie und immer mehr Weltraumliebhaber, die seine Mischung von wissenschaftlichem Fachwissen und grandiosen Bildern mögen.

- Frachtspezialistin Ling Wei, Stationskennung KTRL (Kontrolle): 93, Doktortitel in Logistik und Lieferkettenmanagement, Nationaluniversität Singapur. Sie organisierte die Logistik für Singapurs erste Versorgungsmission zum Mars und war seither an vielen anderen Missionen beteiligt. Während des Fluges fungiert Ling unter anderem als Missionkontrollerin: eine wichtige Rolle, in der sie die Korrektheit aller operativen Befehle, Aktionen und Ereignisse überwacht, um sicherzustellen, dass keine Flüchtigkeitsfehler auftreten und dass die Regularien eingehalten werden. Sie spricht fließend Mandarin und hat Grundkenntnisse in Bahasa Indonesia. Ling setzt sich leidenschaftlich für den Schutz des interplanetaren Raums ein. Sie engagiert sich in Initiativen zur Eindämmung von Weltraummüll und für die Nachhaltigkeit der Raumfahrt. Sie arbeitet auf der Void Wanderer, um die Auswirkungen von Strompartikelverlusten zu untersuchen – dichte schnelle Teile des Betankungsstroms, die zu Beginn einer Materiestromkopplung entweichen. Diese Partikel könnten für die interplanetare Raumfahrt zur Gefahr werden und in ferner Zukunft zu einem systemweiten Kessler-Syndrom beitragen, falls sie nicht reduziert werden.

Nachrichtenprotokoll über Kom-Laser:

KMDO Nair: "Nähern uns MSVK" (Materiestromversorgungskorridor).

KTRL Ling: "MSA etabliert" (Materiestromausrichtung der Flugbahn kurz vor Eintritt in den Materiestrom).

KMDO Nair: "Betrieb: starte MEB" (Materieempfangsbetrieb: Anweisung an die Technik, den Materieempfänger hochzufahren).

BETR Al-Kazemi: "Empfänger geht raus" (Bestätigung durch die Technik).

[Kurze Pause]

BETR Al-Kazemi: "MEB läuft" (Materieempfangsbetrieb, Initiierung des Materiestrom-Empfängers).

KTRL Ling: "Bestätige MEB" (Materieempfangsbetrieb, Missionskritische Ereignisse werden von der Missionskontrolle bestätigt).

KMDO Nair: "Eintritt mit SDK" (Steuerdüsenkontrolle: Schiff manövriert etwas mit Steuerdüsen, um den Materieempfänger in den Strom zu bringen).

[Kurze Pause]

KTRL Ling: "Bestätige MSK mit 83" (Materiestromkopplung mit 83 % Effizienz).

KTRL Ling: "Viel Streuung. Ihr Fokus wird immer schlechter. Ich werde eine Meldung absetzen. Aber wir hatten auch schon bessere Tage, wir haben 1200 Kilometer an Schadstaub verloren." (Schadstaub: umgangssprachlich für nicht eingefangene, potenziell gefährliche Materiestrompartikel).

KMDO Nair: "Kontrolle: Meldung ok" (Captain bestätigt das Senden der Beschwerde an die Jade Hase-Materiestrom Gesellschaft, die Materiestromanbieterin).

KTRL Ling: "@JadeHase QSKB Fluss 5 Komma 3 Fokus 83 runter von 85, dauerhaft unter den erwarteten 90, das brennt uns den Empfänger weg mit 11 ppms." (Qualitätssicherungskundenbeschwerde zusätzlich zur automatisierten Kommunikation zwischen Sender und Empfänger, weil der fehlerhafte Strom zusätzlichen Schadstaub produziert und Streupartikel die Empfängerhardware mit 11 Millionstel pro Sekunde relativ schnell abnutzen, ein zarter Hinweis auf mögliche Schadensersatzansprüche).

KMDO Nair: "Ich habe hier was auf dem KSM, Betrieb: bitte überprüfen." (KSM: Kombinierter Situationsmonitor, die KI, die viele Signalquellen zusammenfasst, um frühzeitig auf interessante Ereignisse zu schließen, auch wenn sie unter dem Rauschpegel der einzelnen Detektoren liegen).

BETR Al-Kazemi: "PHASAT zeigt einen seltsamen Wert an" (Sein privates Teleskop).

BETR Al-Kazemi: "Woah, da ist gerade was im IR aufgetaucht, hinter dem Bug-Emitter, 80 tkm, Doppler sieht Beschleunigung für Anpassungskurs." (IR: das Infrarotteleskop, tkm: tausend Kilometer Entfernung, Bug-Emitter: der nächste Materiestromemitter von Jade Hase in Flugrichtung, Doppler: Dopplerradar).

KMDO Nair: "Vielleicht eine Wartungseinheit ... aber die werden nicht aus dem Nichts auftauchen. Betrieb: gibt es einen Grund, warum es nicht auf dem LIDAR war? Rand vom Sensorbereich?" (LIDAR: ein aktives Ortungsverfahren mit phasengesteuertem Laser. Möglicherweise war das Objekt in einem von der Sensorik nicht abgedeckten Bereich).

BETR Al-Kazemi: "Nein, es ist genau in unserem Blickfeld. Es muss schon lange dort gewesen sein. Als hätte es LIDAR abgelenkt. Erst aufgetaucht als der Antrieb heiß wurde" (Als sie ihren Antrieb hochgefahren haben).

KMDO Nair: "Kontrolle: irgendeine Kennung?"

KTRL Ling: "Kein Transpondersignal" (normalerweise senden alle Schiffe regelmäßig ihre Kennung über Funk. Ein deutlicher Hinweis auf böse Absichten. Sie könnten natürliche eine falsche Kennung senden, aber das würde eine einfache Nachverfolgung aus der Ferne ermöglichen).

KMDO Nair: "Kontrolle: ruf' sie."

[Kurze Pause]

KTRL Ling: "Keine Antwort. Weder Audio noch AWIS." (Ton/Bild Kommunikationsversuche und AWIS: Autonomes Wartungs- und Ingenieursystem, ein weit verbreitetes System, das dafür konzipiert ist, Wartungs- und Reparaturaufgaben für Infrastrukturen im Weltraum ohne menschliches Eingreifen durchzuführen).

BETR Al-Kazemi: "Es ist ziemlich groß, keine Drohne. Nähert sich schnell mit 3g. KSM denkt, es hat einen Mil-Kern." (Die KI des kombinierten Situationsmonitors schließt aus verschiedenen Sensoren und bekannten Emissionsprofilen auf einen Reaktorkern in der militärischen Leistungsklasse).

BETR Al-Kazemi: "Sie sind auf einem 0-Abfangkurs. GAZ 40 Minuten." (Wenn sich nichts ändert, dann gleichen sich die Kurse an. GAZ: geschätzte Ankunftszeit).

KMDO Nair: "Kontrolle: wie ist unser Nachschubstatus?"

KTRL Ling: "Wir sind bei 10% Reaktionsmasse. 12% in 20 Minuten. Reaktortreibstoff ist 50 Kilogramm B und 2 Tonnen H, unverändert." (Es ist noch etwas Reaktionsmasse für den Antrieb übrig und sowohl Bor-11 als auch Wasserstoff für den Fusionsreaktor, aber es wurde noch nicht viel nachgetankt, weil die Materiestrom-Phase gerade erst begonnen hat).

KMDO Nair: "Betrieb: gib mir ein Bild."

BETR Al-Kazemi: "Sichtkontakt kommt... da ist es. Eine Sakana, Ladeplätze sind voll, aber keine Standardcontainer, dunkel, keine Markierungen." (Frachtschiff der Sakana-Klasse, offenbar mit Spezialcontainern in den Ladeplätzen).

[Kurze Pause]

BETR Al-Kazemi: "PHASAT zeigt eine strahlenabweisende-Beschichtung. Noch auf Abfangkurs." (PHASAT, sein privates Fernmineralogie-Teleskop).

KMDO Nair: "Irgendwelche Anzeichen von Waffen oder feindlichen Absichten?"

BETR Al-Kazemi: "Schwer zu sagen. Sie kommen mit hoher Leistung auf uns zu, kein Transponder, keine Kommunikation, aber Tarnbeschichtung und einige Container sehen aus wie ... naja, Startzellen, ehrlich gesagt. Sieht seeehr verdächtig aus." (Startzellen: standardisierte Raketenbehälter aus denen Raketen direkt starten).

KMDO Nair: "Kontrolle: etwas hinzuzufügen?"

[Kurze Pause]

KTRL Ling: "Die Statistik zeigt 92% feindselig, 5% deren Fehlfunktion, 1% unsere." (Eine statistische Analyse lässt böse Absichten vermuten und nur eine kleine Wahrscheinlich dafür, dass alles ein Missverständnis ist, verursacht durch einen Defekt).

KMDO Nair: "OK, dann ... allgemeiner Hinweis: angesichts früherer Ereignisse, fehlender Kommunikation, Ausrüstung und Vektor, erkläre ich den Kontakt für feindselig. Das KomLog geht zwar sowieso live raus, aber Kontrolle: bitte zusätzlichen MSB für diese Entscheidung." (MSB: Missionsstatusbericht)".

KMDO Nair: "Betrieb: ist jemand in der Nähe, der helfen kann?"

BETR Al-Kazemi: "Nicht in 30 LS" (30 Lichtsekunden = 9 Millionen Kilometer)

[Kurze Pause]

KMDO Nair: "Kontrolle: sende kontinuierlich Status-Updates an die Basis. Laser und Funk."

KTRL Ling: "Wird gesendet."

[Kurze Pause]

KMDO Nair: "Betrieb & Kontrolle: bitte R-POD-Aktivierung genehmigen." (R-POD: kurz für REAKTIONs-Pod: Robuste Einsatz- und Abwehrsysteme für Kommerzielle Transporte in orbitalen Notsituationen. Aber das ist ein politischer Name. Die Besatzungen benutzen einen weniger lächerlichen und kürzeren Begriff: R-POD).

BETR Al-Kazemi: "R-POD-Einsatz genehmigt." (Die Verwendung der Verteidigungsausrüstung muss von 2 Offizieren und der Kontroll-Rolle auf ihren eigenen Stationen – ihren virtuellen Konsolen – genehmigt werden).

KTRL Ling: "Das ist wahrscheinlich das erste Mal ... [Kurze Pause] ... was, wenn es eine Fehlfunkt ... ok, R-POD aktivieren."

BETR Al-Kazemi: "Aktiviere R-POD ... [Kurze Pause] ... Selbsttest ... [Kurze Pause] ... fertig ... [Kurze Pause] ... es ist online ... evaluiert Situation ... [Kurze Pause] ... äh, ..."

KMDO Nair: "Ich sehe es, 'Niedrige Bedrohungsstufe', pff KIs ..."

KMDO Nair: "Betrieb: bei GAZ minus 20 Minuten, MSK abbrechen und beschleunigen mit max auf 2 minus 20" (20 Minuten vor dem Kontakt vom Materiestrom lösen und direkt auf den Feind zu beschleunigen, 2 minus 20 bedeutet 2 Uhr nach rechts und 20 Grad nach unten).

BETR Al-Kazemi: "Zu denen, wirklich?"

KMDO Nair: "Angenommen, sie sind auf ihrem Maximum, dann möchte ich so viel Delta-V wie möglich." (Delta-V: Geschwindigkeitsunterschied. Schneller zu sein als die anderen, könnte sie am Andocken hindern, falls das ihre Absicht ist).

[Pause]

BETR Al-Kazemi: "MSK aus, Antrieb fährt hoch, vorbereiten auf HTS" (Materiestromkopplung, Haupttriebwerksstart).

KMDO Nair: "Bestätigt."

KTRL Ling: "Bestätigt."

[Kurze Pause]

BETR Al-Kazemi: "HTS, beschleunige" (Haupttriebwerksstart).

[Kurze Pause]

BETR Al-Kazemi: "Raketenstart ... GAZ 90 Sekunden." (Geschätzte Ankunftszeit der Rakete ca. 90 Sekunden).

Nicht identifiziert: "Schalten Sie Ihren Antrieb ab. Drehen Sie um, und passen sie den Kurs an. SOFORT".

KMDO Nair: "Kontrolle: irgendwelche Ideen? Betrieb: können wir ausweichen?"

[Kurze Pause]

KTRL Ling: "Keine Optionen."

BETR Al-Kazemi: "Nada."

[Pause]

BETR Al-Kazemi: "Rakete GAZ 60 Sekunden." (Geschätzte Ankunftszeit)

KMDO Nair: "OK... Betrieb: Antrieb aus. Dann umdrehen und langsam Kurs anpassen."

BETR Al-Kazemi: "Vorbereiten auf 0G und SDK." (Schwerelosigkeit, Steuerdüsenkontrolle).

BETR Al-Kazemi: "HTA" (Haupttriebwerksabschaltung).

BETR Al-Kazemi: "Rakete verlangsamt, passt den Kurs an."

KMDO Nair: "R-POD immer noch auf 'Niedrige Bedrohungsstufe', WTF, wir haben eine feindliche Rakete an der Backe. Reicht das nicht? Betrieb: bitte POD Diagnose."

[Pause]

BETR Al-Kazemi: "R-POD Selbsttest abgeschlossen ... Neubewertung der Situation ... [Kurze Pause] ... sagt: 'Bewertung abgeschlossen: niedrige Bedrohungsstufe'."

KMDO Nair: "Betrieb: drehen 180, Beschleunigung 2 g"

BETR Al-Kazemi: "Captain ...?"

KMDO Nair: "Mach‘s einfach."

BETR Al-Kazemi: "Vorbereiten auf SDK und HTS" (Steuerdüsen und Haupttriebwerksstart).

[Kurze Pause]

BETR Al-Kazemi: "HTS".

Nicht identifiziert: "Verdammt, was macht ihr da?"

BETR Al-Kazemi: "Weiterer Raketenstart. Rakete 1 manövriert ... kommt näher."

[Laute Explosionsgeräusche und Alarme]

BETR Al-Kazemi: "Rakete 1 ist in 100 m Entfernung explodiert, konventionell, ca. 20 kg, ungerichtet, hat uns mit Splittern überschüttet, geringer Schaden." (Anscheinend war die Explosion sphärisch und nicht für gerichtete Wirkung konfiguriert. Eine bewusste Entscheidung der Angreifer, um eine deutliche Botschaft zu senden, ohne großen Schaden anzurichten).

KMDO Nair: "Ein Warnschuss. Wenn das nicht ausreicht, weiß ich auch nicht. Antrieb abschalten, und zu ihnen zurückkehren."

BETR Al-Kazemi: "R-POD zeigt jetzt 'Hohe Bedrohungsstufe', aktiviert sich ... [Kurze Pause] ... PVR-Zelle offen." (PVR: Punktverteidigungsraketen)

KMDO Nair: "Na also, das hat funktioniert. Endlich haben wir die Aufmerksamkeit des PODs."

KTRL Ling: "Wir bekommen eine Unmenge AWIS-Signale rein."

KMDO Nair: "Was ist es?"

KTRL Ling: "Der Verkehr geht hauptsächlich zum R-POD" (Verkehr: Netzwerkverkehr)

KMDO Nair: "Kontrolle: Verkehr unterbrechen. AWIS-Kom deaktivieren."

BETR Al-Kazemi: "Das R-POD schaltet sich ab ... [Kurze Pause] ... zurück auf 'Niedrige Bedrohungsstufe' ... was?"

KMDO Nair: "Gibt es eine Möglichkeit, das zu ändern?"

KTRL Ling: "Ich versuche es. R-POD reagiert nicht ... äh, es ist, als ob sie genau wüssten, wie man ihn über AWIS deaktivieren kann."

BETR Al-Kazemi: "Der R-POD-Status ist gerade vom KuKK verschwunden. Ich kann nicht mal mehr mit ihm reden." (KuKK: Kommando- und Kontrollkonsole in der alle Schiffsysteme, Hard- und Softwaremodule angezeigt werden).

KMDO Nair: "Betrieb: starte eine Relais-Drohne und aktiviere die Verbindung. Richtung: die Stelle am Himmel, an der die Sonne von unserem Standpunkt aus in 7 Minuten steht."

[Kurze Pause]

BETR Al-Kazemi: "Drohne gestartet."

[Pause]

BETR Al-Kazemi: "1 Minute bis 0" (In einer Minute sind die Kurse angeglichen und die Schiffe sind relativ zueinander still).

[Pause]

Nicht identifiziert: "Sie werden hiermit angewiesen, den Kern abzuschalten und auf Aux zu gehen. Wenn wir nur ein Erg auf den Radiatoren sehen, seid ihr erledigt." (Aux: Hilfsenergie aus Powerbanks. Erg ist eine kleine Energieeinheit. Anhand der von den Radiatoren abgegebenen Infrarot-Strahlung kann man sehen, ob der Reaktor noch in Betrieb ist).

KMDO Nair: "Betrieb: befolge die Anweisungen."

BETR Al-Kazemi: "Vorbereiten auf Hilfsenergie."

[Kurze Pause]

BETR Al-Kazemi: "Und ... wir sind auf Aux."

[Pause]

BETR Al-Kazemi: "KSM zeigt sie in 100 Meter Entfernung. SDK aktiv" (Sie nähern sich mit den Steuerdüsen).

[Pause]

BETR Al-Kazemi: "Sie haben bei 30 Metern auf unserer 5 minus 45 gestoppt" (5 Uhr bedeutet auf der Rückseite des Schiffes und 45 Grad nach unten in Bezug auf seine Hauptachse. Oben und Unten sind definiert durch die Anordnung der Beschleunigungssitze, eine willkürliche, aber notwendige Festlegung).

[Kurze Pause]

KMDO Nair: "Die Außenkameras zeigen ein paar Gestalten mit APEX-Anzügen im ABE... [Kurze Pause] ... 3 ... sie kommen näher." (APEX: Armored Powered EXoskeleton Raumanzug, ABE: Außenbordeinsatz, mit anderen Worten: sie haben ihr Schiff verlassen und kommen in gepanzerten Raumanzügen herüber. APEX war ursprünglich ein Produktname, der so viel bedeutete wie der Apex-Predator unter den Raumanzügen. Später wurde APEX das Synonym für eine ganze Klasse von Anzügen für militärische Einsätze im Weltraum. Ein APEX ist jetzt im Prinzip ein eigenständiges Ein-Personen-Mikroraumschiff für kurze Strecken).

BETR Al-Kazemi: "Anscheinend nähert sich einer dem ventralen Kommunikationscluster. Zwei andere kommen Richtung unserer Frontluke." (Ventral: auf der Unterseite – Bauchseite – bezogen auf die Hauptachse des Schiffes. Einer der beiden Kommunikationscluster, ventral oder dorsal, sollte immer Kontakt zur Basis haben egal wie das Schiff im Raum steht).

KMDO Nair: "Kontrolle: können wir sie mit einem Container treffen? Können wir einen Container sprengen oder einen Container zwischen uns und die Rakete 2 bringen? Am besten beides gleichzeitig."

KTRL Ling: "Ich brauche drei Minuten, um die Container freizumachen und ihnen einen Schub zu geben. Aber ich muss den Schieber benutzen für den hinteren Container." (Containerschieber: ein kleines Raumfahrzeug, das zum Verschieben von Containern benutzt wird).

KMDO Nair: "Kontrolle: mach' es. Betrieb: Relais-Drohne stop. Kehre den Kurs um und schicke sie in drei Minuten dicht an uns vorbei. Bereite dich auf Manöver im Endanflug vor. Koordiniere das Timing mit der Container-Aktion."

Nicht identifiziert: "Sie werden angewiesen, die Luke zu räumen und sich für den Schleusenzyklus bereitzuhalten. Versucht nicht kreativ zu werden. Das ist nicht unsere erste Mission. Wir haben schon viel gesehen. Container, die auf uns geworfen werden. Der Antrieb als Waffe. Blenden mit Kommunikationslaser. Drohnen, die uns rammen. Alles Mögliche. Ernsthaft, wir gehen kein Risiko ein. Eine Bedrohung unserer Mission, und die Rakete jagt euch in die Luft. Zuerst die Brücke. Denkt nicht mal dran."

BETR Al-Kazemi: "Zweite Rakete manövriert, nähert sich KWM ... 20 Meter ... sollte jetzt in Sicht kommen ... da ist sie ... eine schöne Suzume Typ 8." (KWM: Kommando- und Wohnmodul, Suzume: Standard-Abfangrakete für kurze Entfernungen mit genug Intelligenz, Sensoren und Antrieb, um jedes Ziel autonom zu verfolgen, vor allem jedes zivile Frachtschiff).

KMDO Nair: "Kontrolle: stop' die Container-Aktion. Die Rakete ist direkt über uns. Sie können sie explodieren lassen, ohne selbst getroffen zu werden. Unser Schiffskörper schirmt sie ab. Ihre Position 5 minus 45 war gut gewählt."

KTRL Ling: "Verstanden, Aktivität gestoppt ... [Kurze Pause] ... ich habe alle eingehenden Funksignale verloren ... ich überprüfe ... die Kamera zeigt jemanden direkt beim Array." (Array = phasengesteuerte Antenne, ein flaches Stück des Rumpfes mit Metamaterialbeschichtung, das als elektronisch schwenkbare Antenne zum Senden und Empfangen von gerichteten und ungerichteten Signalen dient).

BETR Al-Kazemi: "Und ... weg ist der Kom-Laser ... sie haben ihn getrennt. Relais-Drohnen-Verbindung ist immer noch ..."

Relaisdrohne: "Hier ist LRV Void Wanderer. Verbindung unterbrochen. Schalte auf Auto."

Relaisdrohne: "Hier ist LRV Void Wanderer. Wir werden angegriffen. Die Besatzung ist in unmittelbarer Gefahr. Dies ist ein automatisches Notsignal."

Relaisdrohne: "Hier ist LRV Void Wanderer. Wir werden angegriffen. Die Besatzung ist in unmittelbarer Gefahr. Dies ist ein automatisches Notsignal."

Relaisdrohne: "Hier ist LRV Void Wanderer. Wir werden angegriffen. Die Besatzung ist in unmittelbarer Gefahr. Dies ist ein automatisches Notsignal."

[Ende des Logs] Das war das letzte Zeichen der LRV Void Wanderer und ihrer Besatzung.

Im Jahr 2222 wird die interplanetare Wirtschaft von einer neuen Entwicklung überrascht: dem ersten Piratenangriff auf ein Frachtschiff im Asteroidengürtel. Diese Tat bleibt kein Einzelfall. Im Laufe des nächsten Jahrzehnts häufen sich solche Überfälle und sie werden immer dreister. Die Piraten verfügen über fortschrittlicher Tarn- und Waffentechnik. Sie kapern zivile Frachter, stehlen Schiffe, deren wertvolle Fracht und sie entführen die Passagiere. Sie verursachen erhebliche Verluste und verbreiten Angst unter den Reisenden.

Scheinbar geht es um den Diebstahl der Frachtgüter, der Raumschiffe und um Lösegeld für die Besatzungen. Andererseits ist der Betrieb von Raumschiffen im Asteroidengürtel – vor allem von militärischen – sehr teuer. Die Beute rechtfertigt sicher nicht die Investitionen. Die enormen Ressourcen, die in die Infrastruktur der Piraten, einschließlich geheimer Stützpunkte, investiert werden, lassen vermuten, dass es bei der Piraterie nicht um finanzielle Interessen geht. Es gibt Spekulationen, dass diese Piraterie Teil einer umfassenderen wirtschaftspolitischen Kriegsführung ist. Viele vermuten dahinter die antiexpansionistische Bewegung. Auf der Erde gewinnen die anti-expansionistische Ideologien immer mehr an Boden gewinnt. Inzwischen kontrollieren Anti-Expansionisten mehrere Nationalstaaten auf der Erde. Es ist gut möglich, dass einige dieser Staaten die Piratenangriffe finanzieren und orchestrieren. Aber die Angreifer bleiben anonym, sogar bei Lösegeldverhandlungen. Die eigentlichen Gründe für die Piratenangriffe bleiben rätselhaft.

Die Piraten gehen sehr vorsichtig vor. In der Regel schlagen sie weit entfernt von Stützpunkten zu, vor allem auf Abschnitten, auf denen die Frachter während der Betankung mit Materieströmen im Flug an bestimmte Routen gebunden sind. Das macht das Abfangen trotz der Weite des Weltraums einfacher. Hauptziele sind die Routen zwischen dem Erde-Mond System (einschließlich Erdorbit, Mond und den Langrange Punkten L4/L5) und dem Asteroidengürtel. Gelegentlich gibt es auch Angriffe auf den Langstreckenrouten zum Jupiter und zu den Trojanern. Diese Routen werden zwar seltener geflogen, aber wegen des hohen Nachschubbedarfs während des Flugs sind sie noch anfälliger. Die Erdumlaufbahn ist von der Piraterie nicht direkt betroffen. Die Erde und der Erdorbit erhalten Rohstoffe vor allem von Asteroiden in der Erdumlaufbahn und vom Mond. Der Verkehr ist dort viel dichter als auf den Routen zum Gürtel und Hilfe ist immer nur wenige Stunden entfernt. Der Erde-Mond-Raum ist deshalb sicher.

Die Weltraumpiraterie ist auf der Erde ein umstrittenes Thema. Während die Mehrheit der Erdbewohner nicht direkt betroffen ist, sind der High-Tech-Sektor und vor allem Wohlhabenden der Erde auf Produkte aus der Erdumlaufbahn angewiesen. Die weitere Entwicklung der orbitalen Wirtschaft wäre gefährdet, wenn das Erde-Mond System vom Asteroidengürtel abgeschnitten würde. Grundsätzlich ist die Öffentlichkeit gegen Piraterie eingestellt, aber ein beträchtlicher Teil der Erdbevölkerung, vor allem diejenigen, die nicht von der orbitalen Expansion profitieren, neigt zum Anti-Expansionismus. Sie lehnen aktive und teure Maßnahmen gegen die Piraterie ab, vor allem unter Hinweis auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Erdbewohner. Für Viele ist die Weltraumpiraterie ein Problem der orbitalen Wirtschaft, das die interplanetaren Akteure selbst lösen müssen.

Im Orbit sind die Auswirkungen der Piraterie deutlich zu spüren. Der interplanetare Handel schrumpft. Die Palladische Liga und andere interplanetare Organisationen geraten in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Und mit der ökonomischen Selbständigkeit ist schnell auch die gerade erst gewonnene politische Unabhängigkeit in Gefahr. Die Palladische Liga, die die Interessen der Unternehmen jenseits der erweiterten Erdumlaufbahn vertritt, drängt auf ein aggressives Vorgehen. Obwohl die Unternehmen der Liga die interplanetare Wirtschaft dominieren, ist der Umfang ihrer Operationen doch noch relative klein verglichen mit der Verkehrsdichte auf der Erde und im erdnahen Bereich. Die Liga kann as Piratenproblem nicht allein bewältigen. Das mittlere System ist groß und jenseits der Erdumlaufbahn werden Entfernungen in zig-Millionen Kilometern gemessen. Schiffe, die zwischen dem Erde-Mond System und dem Asteroidengürtel verkehren, sind für lange Zeit auf sich allein gestellt. Der nächste Stützpunkt, der helfen könnte, ist oft Wochen Flugzeit entfernt. Das macht eine effektive Überwachung des gesamten Raums schwierig und an eine flächendeckende Sicherung der Flugrouten durch Polizeikräfte ist noch nicht zu denken.

Als Reaktion auf die wachsende Bedrohung rüsten die Transportunternehmen ihre Schiffe mit Verteidigungssystemen wie automatischen Geschütztürmen und Abwehrraketen aus. Einige beschäftigen sogar private Sicherheitskräfte ein, die ihre Schiffe auf besonders gefährdeten Routen eskortieren. Aber diese Art der Selbstbewaffnung mit Kriegswaffen ist illegal, und die Raumpatrouille, die wichtigste Polizeiorganisation im Weltraum, geht gegen Unternehmen vor, die sich auf solche Praktiken einlassen. Die Raumpatrouille sieht sich also der Herausforderung gegenüber, mit ihren wenigen Einsatzkräften in der Weite des Weltraums nicht nur Piraten zu bekämpfen, sondern auch private Unternehmen strafrechtlich zu verfolgen, die sich nur selbst schützen wollen.

Die Haltung der Erde zu diesem Thema ist ambivalent. Viele Menschen sind entweder anti-expansionistisch eingestellt oder zumindest kritisch gegenüber teuren Weltraumunternehmungen Noch mehr sind gleichgültig, da sie nicht direkt betroffen sind. Die Erde ist also gespalten und neigt zu einer abwartenden Haltung, während die Liga auf ein energisches Vorgehen drängt. Das führt zu Meinungsverschiedenheiten und kontroversen Auseinandersetzungen zwischen der Erde und der Palladischen Liga. Die Giga-Konzerne, die die meisten Mitglieder der Liga sponsern, zwingen den Weltrat der Erde schließlich zum Handeln.

Der Weltrat leitet ein umfassendes Gesetzgebungsverfahren ein. Vorschläge zur Bekämpfung der Raumpiraten durchlaufen ein komplexes Geflecht von Gremien, Interessen, Fraktionen, Nationen und Konzernen auf der Erde. Es kommt zu intensiven Debatten, in denen viele Interessengruppen ihre Anliegen vertreten und ihre eigenen Ziele verfolgen. Irdische Politik im planetaren und interplanetaren Kontext ist sehr kompliziert.

Es dauert Jahre bis die Nationen der Erde sich im Weltrat auf die interplanetaren Piratengesetze einigen. Diese Vorschriften sehen strengere Strafen für Piraterie vor und die Einrichtung einer spezialisierten Anti-Piraterie-Taskforce innerhalb der Raumpatrouille. Zusätzlich soll die Selbstverteidigungsfähigkeit der Langstreckenfrachter gestärkt werden, ohne dass Zivilisten Kriegswaffen in die Hand bekommen. Ein Initiative namens REAKTION: Robuste Einsatz- und Abwehrsysteme für Kommerzielle Transporte in orbitalen Notsituationen, stattet zivile Schiffe mit versiegelten Waffenkapseln, sogenannten Waffen-Pods aus, die von einer internen KI gesteuert werden. Die KI soll vor allem dafür sorgen, dass die Waffensysteme ordnungsgemäß eingesetzt werden, um das Missbrauchsrisiko zu minimieren. Die zivilen Nutzer müssen selbst für die Kosten der Waffen-Pods aufkommen. Aber im Gegenzug erhalten sie Zugang zu modernen Kriegswaffen einschließlich einer Lizenz für deren Installation und Nutzung in Notsituationen.

Anfangs erweisen sich die REAKTION-Pods als wirksam. Sie können mehrere Piratenangriffe auf zivile Schiffe abwehren. Dieser Erfolg ist jedoch nur von kurzer Dauer. Die Piraten verfügen anscheinend über detailliertes Hintergrundwissen über die Pods und deren KI. Immer öfter werden die Pods gehackt und aus der Ferne deaktiviert. Diese Schwachstelle deutet auf ein tieferes Problem hin: eine mögliche Infiltration oder Kompromittierung der Hersteller der REAKTION-Pods. Die Piraten betreiben Schiffe, die mit den Raumfahrtstreitkräften mittelgroßer Staaten konkurrieren können. Sie haben offensichtlich erhebliche Unterstützung. Und anscheinend beschränken sich die Unterstützer nicht nur darauf, die Ausrüstung der Piratenschiffe und deren Betriebskosten zu finanzieren, sondern sie versorgen die Piraten auch mit Insiderinformationen. Solche Fähigkeiten lassen auf eine umfangreiche geheime Informationsbeschaffung schließen, was auf die Beteiligung großer Unternehmen oder sogar staatlicher Akteure hindeutet.

Der Kreislauf von Kompromittierung und Gegenmaßnahmen dauert mehrere Jahre an. REAKTION-Kapseln werden deaktiviert, dann gehärtet und umgestaltet, nur um wieder angegriffen zu werden. Die Lieferanten mehrmals gewechselt, aber das Muster bleibt bestehen.

Das Problem der Piraterie fügt sich in das Gesamtbild des Anti-Expansions-Aktivismus ein, der zu dieser Zeit eine wichtige Bewegung war. Es kann aber durchaus sein, dass die hinter den Piraten stehenden Gruppierungen nur Trittbrettfahrer sind, die den Anti-Expansionsismus als Deckmantel für Wirtschaftskrieg und Erpressung nutzen. Trotz der konzertierten Bemühungen privater Unternehmen, der irdischen Weltraumstreitkräfte und der Initiativen der Palladianischen Liga verschlimmert sich das Problem der Piraterie immer weiter. 25 Jahre nach dem ersten Vorfall wird der Verkehr zwischen der Erde und dem Asteroidengürtel wirtschaftlich unhaltbar, da die Kosten für Versicherungspolicen in die Höhe schnellen.

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