2337 Der Mond greift nach L5

Kopernikus, ein Mond-Territorium, das sich auf Rohstoffabbau und Logistik spezialisiert hat, übernimmt die Kontrolle über das Gemini-Habitat und den zugehörigen Industriekomplex am Lagrange-Punkt 5 zwischen Erde und Mond.

Gemini, der gigantische Doppelzylinder, ist das Juwel von L5. Die Habitate sind in vielen Weltraumtechnologien führend und sie sind das kulturelle Zentrum des erdnahen Raums. Trotzdem ist die wirtschaftliche Situation für Gemini schwierig, weil der Station im freien Raum eine eigene Ressourcenbasis für ihre Hightech-Produktion fehlt.

Kopernikus' Übernahme von Gemini ist ein strategischer Schachzug zur Stärkung seiner Position im erdnahen Raum. Geminis moderne Fertigungskapazitäten, das technologische Fachwissen seiner Bewohner und ihre kulturelle Bedeutung machen die Habitate zu einer guten Investition. Durch die vertikale Integration der Wertschöpfungsketten, von Kopernikus' umfangreicher Rohstoffgewinnung bis zu Geminis Hightech-Forschung und Produktionsanlagen, entsteht eine neue Wirtschaftsmacht im inneren Sonnensystem.

Gemini hatte vorher mit "Dark-Side", einem Verbund von Mondbasen um den Tsiolkovskiy-Krater, mit der Kopernikus-Xingang-Gruppe und mit Kolus-Nation verhandelt, wohl wissend, dass Gemini als Handelszentrum und Produktionseinrichtung ein großer Gewinn für jede Mondnation wäre. Dann wurden die Verhandlungen mit Dark-Side und Kolus plötzlich abgebrochen, und Gemini schloss einen Kooperationsvertrag mit Kopernikus ab.

Die Übernahme verschiebt das Machtgleichgewicht im Erde-Mond-Raum. Als Reaktion darauf bildet sich ein Konsortium von Mondnationen, darunter Kolus-Nation, die Newhavn-Territorien, die Südpolallianz und Dark-Side, die zusammen ein neues großes Zylinderhabitat am L1-Lagrange-Punkt bauen wollen. Ihr Ziel ist es, Gemini die Stellung als führendes Handelszentrum im hohen Erdorbit streitig zu machen.

Das sind die bekannten historischen Fakten. Aber es gibt eine Hintergrundgeschichte zur plötzlichen Wahl von Kopernikus, bei der ein privates Streitgespräch zwischen zwei normalen Menschen den Lauf der Geschichte verändert.

Die Protagonistinnen sind

  • Dr. Lyra Kouri, Geminis leitende Architektin der technischen Betriebssysteme. Sie stammt aus dem Gebiet des Tsiolkovskiy-Kraters von einer Basis, die inzwischen zu Dark-Side gehört.
  • Aria Zhang, Teamleiterin der Abteilung für Wirtschaftsforschung in Gemini-Führungsstab. Aria wurde in Gemini geboren, nachdem ihre Eltern die Erde nach dem Aufstand von 2293 verlassen mussten. Sie ist eine Erdnostalgikerin und SusEx, von Sustainable Expansionism, was so viel bedeutet wie nachhaltiger Expansionismus.

Die Zwillingszylinder von Gemini hatten seit langem mit hohen Betriebskosten zu kämpfen. Das war dem Stationsmanagement bekannt. Aber zu den Ursachen gingen die Meinungen auseinander. Einige führten die hohen Betriebskosten auf das Alter der Station zurück, andere auf die Größe der Station, und manche auch auf ihre besondere Rolle als kulturelles Zentrum und Touristenziel. Vergleiche mit anderen Stationen waren schon immer schwierig, weil Gemini eine Klasse für sich war.

Im Laufe der Jahrzehnte stiegen die Betriebskosten. Wartungszyklen mussten gestreckt werden und trotzdem wuchs die Verschuldung immer weiter. Während die Öffentlichkeit das volle Ausmaß der Krise nicht kannte, suchte das Management von Gemini nach neuen Einnahmequellen und Geschäftsmöglichkeiten. Die Situation hatte sich so verschlechtert, dass die Station schnell neue Mittel und Ressourcen aufbringen musste, um zu verhindern, dass lebensnotwendige Systeme versagen und das Leben der Stationsbevölkerung gefährden.

Angesichts dieser Krise verhandelt die Stationsführung mit mehreren Mondnationen über einen Zusammenschluss. Drei große lunare territoriale Bündnisse kamen dafür in Betracht: Dark-Side, Kopernikus und Kolus-Nation.

Da Lyra Kouri in einer Dark-Side Basis aufgewachsen ist, bevorzugt sie insgeheim einen Zusammenschluss mit Dark-Side gegenüber Kopernikus. Sie findet, dass die offenen Gesellschaften und Kulturen von Gemini und Dark-Side sehr gut zusammenpassen, während Kopernikus eher eine kontrollierte und straff geführte Lebensweise repräsentiert. Lyra hat keine besondere Meinung zu Kolus. Aber das Management von Gemini betrachtet Kolus sowieso eher als Notfalloption für den Fall, dass die Verhandlungen mit Dark-Side oder Kopernikus scheitern sollten. Dieser Ansatz soll sicherstellen, dass Gemini immer ausreichend Verhandlungsspielraum behält.

Als die Verhandlungen mit Dark-Side ein fortgeschrittenes Stadium erreichen, wird Dr. Lyra Kouri mit einer gründlichen technischen Überprüfung der Betriebs-KI beauftragt, genannt Due Diligence, einem monatelangen Prozess. Bei dieser Analyse entdeckt Lyra Hinweise auf Manipulationen. Der KI-Kern war durch subtile Veränderungen in seinem Basiscode über viele Jahre hinweg kompromittiert worden:

  • Die Änderungen führten zu Ineffizienzen im Anlagenmanagement und erhöhten dadurch die Wartungskosten. Diese Manipulationen scheinen vom Geheimdienst der Xingang-Gruppe (bei Kopernikus) orchestriert worden zu sein. Dabei wurde eine Hintertür im Kernsystem benutzt, die während des Wiederaufbaus von Gemini in den 2250er Jahren von Matou Er (Pier 2), einer Xingang-Basis, in den Betriebscode eingebaut worden war.
  • Lyra entdeckt außerdem manipulierte Algorithmen, die die Ressourcenbeschaffung beeinflussen, indem sie Parameter so verändern, dass im automatischen Rohstoffhandel suboptimale Entscheidungen getroffen werden. Zugangsprotokolle belasteten Accounts, die mit Dark-Side in Verbindung stehen. Aber bei näherer Betrachtung erscheinen die Hinweise als zu offensichtlich. Entweder handelt es sich um eine sehr dilettantische Infiltration oder um absichtliche Spuren einer anderen Fraktion, die versuchte, ihre Aktionen durch falsche Hinweise zu verschleiern.
  • Zusätzlich zeigen Protokolle gescheiterte Einbruchsversuche von Kolus-Nation Einrichtungen, deren Einsatz von hochentwickelten KI-basierten Brute-Force-Angriffen auf die Verwendung illegaler Auto-Skalierungstechnologie hindeutet.

Die Bevölkerung von Gemini ist sich der ernsten finanziellen und technischen Schwierigkeiten der Station nicht bewusst. Sie lehnt deshalb Verhandlungen für eine enge Kooperation oder gar eine Übernahme ab. Für viele ist die Fusion mit einer externen Macht ein Verrat am gemeinsamen Stationseigentum, der nur durch Korruption zu erklären ist.

Wenn Lyra ihre Entdeckungen öffentlich machen würde, würde die Empörung in der Bevölkerung wahrscheinlich die Verhandlungen mit Dark-Side, Kopernikus und Kolus zum Scheitern bringen. Aber ohne schnellen Kapitalzufluss würden die Lebenserhaltung und andere kritische Systeme wahrscheinlich innerhalb eines Jahres ausfallen und Leben gefährden. Und wenn das volle Ausmaß der finanziellen und technischen Schwierigkeiten durch Unfälle bekannt wird, wäre Gemini auf jeden Fall dringend auf Hilfe angewiesen – und würde sie dann zu viel schlechteren Bedingungen bekommen. Dann käme es wahrscheinlich wirklich zu einem Ausverkauf, bei dem dann sogar Bürger/innen ihre Wohnungen verlieren.

Da die Manipulationen während Lyras Zeit passiert sind, würde die Veröffentlichung ihrer Erkenntnisse wahrscheinlich auch ihren Job kosten. Lyra macht sich selbst Vorwürfe, dass sie noch nie selbst einen gründlichen Systemaudit durchgeführt hatte. Leider waren dafür keine Mittel vorhanden. In letzter Zeit hatten sich die Probleme gehäuft, und es war nie der richtige Zeitpunkt für eine umfassende Analyse gewesen. Der Stationsrat und die Öffentlichkeit würden einen Sündenbock brauchen – und Lyra, die in einer Dark-Side Basis geboren und aufgewachsen ist, wäre eine Hauptverdächtige. Sie könnte sogar im Gefängnis landen.

Würde Lyra die Manipulationen geheim halten, dann könnte sie damit auch ihre eigenen Versäumnisse unter den Teppich kehren. Die Verhandlungen könnten ungestört weiterlaufen und Gemini würde noch rechtzeitig Hilfe zu guten Konditionen bekommen. Die Station verliert zwar auf jeden Fall ihre Unabhängigkeit, aber ihr Image als "Juwel des erdnahen Raums" bliebe erhalten. Lyra weiß, dass die öffentliche Wahrnehmung viele Geschäftsvorgänge beeinflusst: Die Bewertung an Reputationsmärkten entscheidet über Kredit-Ratings, die Anwerbung von hochqualifizierten Wissenschaftlerinnen, Vertriebserfolge und Rohstoffkosten.

Die Wahrheit zu enthüllen, würde Geminis Ruf mit ziemlicher Sicherheit zerstören und zu einem Ausverkauf führen. Je nach den Bedingungen, die Gemini dann noch erreichen könnte, würden vielleicht sogar manche Einwohner/innen von Gemini ihre Stationsanteile und damit ihren Wohnraum verlieren. Zu schweigen bedeutet aber auch, die Manipulatoren gewinnen zu lassen und ihre geheimen Machenschaften zu belohnen.

Lyra kennt den Zustand der kritischen technischen Systeme sehr genau. Das ist ihr Fachgebiet. Sie ist überzeugt, dass die Energiesysteme von Gemini ohne externe Hilfe bald versagen und dass dann eine Kaskade von Ausfällen die Station insgesamt bedrohen wird. Schweren Herzens entscheidet sich Lyra, ihre Entdeckung geheim zu halten, um die Station zu schützen. Dabei fühlt sie sich aber schuldig, weil sie damit auch eigene Fehler vertuscht.

Als Lyra ihre Partnerin Aria um Rat fragt und ihr von den KI-Manipulationen erzählt, kommt es zum Streit. Aria ist strikt gegen die Übernahme durch eine Mondnation, denn dadurch würde sich der Einfluss der eingewanderten Expansionisten auf Gemini verringern. Vor allem aber würde diese neue Konstellation verhindern, dass Gemini wieder das Tor der Erde zum Sonnensystem werden könnte, falls die Erde jemals ihre Isolation beenden sollte. Aria glaubt, dass die neu aufgedeckten Manipulationen die perfekte Gelegenheit bieten, die aktuellen Verhandlungen zu beenden.

Aria versucht, Lyra davon zu überzeugen, die KI-Kern-Manipulationen aufzudecken. Sie argumentiert, dass sich die technischen Probleme sicher irgendwie lösen ließen, aber dass man den Schritt in die Abhängigkeit von einer Mondnation nie wieder rückgängig machen könne. Die meisten Bewohner/innen von Gemini wollen, dass die Stationen unabhängig bleiben.

"Viele von uns", sagt sie.

"Wer ist uns?", erwidert Lyra.

"Die Menschen, die davon träumen, dass Gemini das Tor der Erde zum Sonnensystem wird."

"Das ist doch total unrealistisch. Die Erde ist seit Jahrzehnten abgeschottet. Sie wird nicht so bald zurückkommen."

"Wir werden sehen. Ich bin nicht allein. Du wärst überrascht, wer sonst noch will, dass Gemini unabhängig bleibt."

"Was meinst du damit?"

"Ich meine ja nur."

"Nein, das ist nicht nur so dahingesagt. Wer noch?"

"Du meinst, abgesehen von Patrioten, Expansionisten, der Stationsöffentlichkeit – und allen Menschen mit ein bisschen Verstand?"

"Ja."

"Naja, Mars, Ganymed, andere Mond-Nationen, praktisch alle, sogar die Erde."

"Was hat Mars mit den Dark-Side Verhandlungen zu tun?"

"Nicht mit den Verhandlungen, aber Mars versucht, uns vom Asteroidengürtel fernzuhalten."

"Und Ganymed?"

"Versucht, jeden vom äußeren Sonnensystem fernzuhalten, auch uns."

"Wie fernhalten?"

"Das ist – schwierig. Ich sollte besser nicht..."

"Du musst es mir sagen. Das ist wichtig."

Aria atmet tief durch. "Es laufen Dinge – geheime Dinge."

"Was für Dinge? Woher weißt Du das?"

Noch ein tiefer Atemzug.

"Du musst es mir sagen. Leben hängen davon ab, was ich als Nächstes tue."

"So schlimm wird's sicher nicht kommen."

"Du hast keine Ahnung, wie schlecht die Lage ist."

"Aber es läuft doch alles."

"Wenn es so weiter geht, nicht mehr lang. Wir hängen das nicht an die große Glocke, aber die Fusionsreaktoren laufen auf den letzten Anoden. Wir haben keine Ersatzteile mehr. Die Filter der Lebenserhaltung sind durch. Es sieht echt übel aus. Beim nächsten Kredit geht unser Rating in den Keller. Wir brauchen die Kooperation. Für die Finanzen und für die Reputationsmärkte. Nur ein Zusammenschluss mit einem Rohstoffkonzern kann unsere Bewertung oben halten. Ohne geht alles den Bach runter und am Ende müssen wir betteln gehen. Ich würde auch lieber unabhängig bleiben, aber wenn wir das nicht machen, verlieren wir alles. Wir müssen jetzt den richtigen Partner wählen. Oder zumindest nicht den falschen. – Du musst mir sagen, was du weißt."

Resigniert: "OK – setz dich, das wird etwas dauern."

Aria erzählt Lyra, wie eine verdeckte memetische Beeinflussung die Politik von Gemini über Jahre hinweg beeinflusst hat. Diese Kampagne hat viele wichtige Entscheidungen geprägt und Gemini aus ideologischen Gründen von lukrativen Technologiemärkten ferngehalten. Soweit Aria weiß, wird diese Manipulation der öffentlichen Meinung vom interplanetaren Sicherheitsdienst (INSEC) der Sargodha-Republik auf dem Mars durchgeführt, mit vollem Wissen, oder zumindest mit der Duldung der Mars-Republiken.

Einer der am schnellsten wachsenden Märkte ist die Antriebstechnologie mit Impulsverstärkung. Obwohl Gemini auf dem Gebiet der metrischen Raumzeitdeformationen führend ist, gibt es in den Stationen weit verbreitete Überzeugungen, dass diese Raumzeit-Manipulationen vielleicht gefährlich sind. Dazu gehört die Vorstellung, dass künstliche Raumverzerrungen das Gefüge des Raums selbst beschädigen könnten. Diese Theorien sind in Geminis öffentlichem Diskurs viel stärker vertreten als in anderen Weltraumsiedlungen. Sie sind ein wichtiger Baustein der Mars-Kampagne. Wegen den weit verbreiteten Bedenken in der Bevölkerung hat sich Gemini aus dem Geschäft der metrischen Impulsverstärkung weitgehend herausgehalten. Unternehmen sind abgewandert oder haben sich nicht angesiedelt, weil die Grundstimmung gegenüber metrischen Technologien sehr negativ ist. Dabei hätte allein das Geschäft mit metrisch impulsverstärkten Antrieben Geminis wirtschaftliche Probleme lösen können. Stattdessen hat Gemini diesen Markt im Wesentlichen den Mars-Republiken überlassen.

Aria berichtet Lyra auch von einem anderen Memekomplex, den das Ganymed-Direktorat seit Jahrzehnten mit großem Aufwand produziert und unterstützt. Diese Kampagne hat Gemini dazu gebracht, sich auf den erdnahen Raum und das innere Sonnensystem zu konzentrieren und die Entwicklung von Handelsbeziehungen über weite Entfernungen zu verzögern. Das Ganymed-Direktorat versucht offenbar, seine Isolation aufrechtzuerhalten, indem es dafür sorgt, dass große Entfernungen und lange Reisezeiten Hindernisse für die wirtschaftliche Integration im Sonnensystem bleiben.

Diese, eigentlich getrennten Beeinflussungsversuche, sind dann im Lauf der Zeit zu einem starken meinungsbildenden Einfluss zusammengewachsen. Sie sorgen dafür, dass Geminis Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sich auf den Mond-Erde-Raum konzentrieren. Dieser kollektive Memeplex, wie Aria ihn beschreibt, hält außerdem die Hoffnung am Leben, dass die Erde bald wieder der interplanetaren Gemeinschaft beitreten wird. Dieser Glaube, der unter den Erd-Nostalgiker/innen besonders ausgeprägt ist, wurde ebenfalls durch jahrzehntelange verdeckte Manipulationen fremder Mächte verstärkt, vor allem von der Erde, aber auch von Mars und Ganymed.

Während Dr. Kouri die schädlichen KI-Manipulationen selbst entdeckt hatte, kommen die Hinweise auf die Memkampagnen von ihrer Partnerin Aria Zhang. Es stellt sich heraus, dass Aria nicht nur eine Erdnostalgikerin ist, wie viele Emigranten von der Erde, sondern auch eine aktive SusEx (von Sustainable Expansionism).

Während ihrer Arbeit in der Handelsabteilung von Gemini hat Aria vorsichtig Einfluss auf Geminis Handelspolitik genommen, um den Fokus der Station auf den Erde-Mond-Raum aufrechtzuerhalten. Sie steht im Kontakt mit revisionistischen Fraktionen von Expansionist/innen, die nach mehreren gescheiterten Aufständen gegen die Isolationspolitik der Erde in den Weltraum auswandern mussten. Diese Fraktionen (bekannt als "Expansionismus mit menschlichem Antlitz" und "Nachhaltiger Expansionismus"), wollen Gemini als Ressource für die Erde erhalten, falls diese ihre Isolation beendet. Aria und ihre Gruppe glauben fest daran, dass die Erde schon bald in die interplanetare Gemeinschaft zurückkehren wird, und sie arbeiten aktiv auf dieses Ziel hin.

Aria unterstützt die ausländischen Memkampagnen, da sie das gleiche Ziel verfolgten, nämlich Gemini davon abzuhalten, sich dem weiteren Sonnensystem zuzuwenden. Sie gesteht auch, dass sie sogar zeitweise mit dem Ganymed-Direktorat zusammengearbeitet hat, um deren Kampagne zu schützen. Damit ist sie de facto eine Geheimagentin für eine fremde Macht – ein schweres und strafbares Vergehen.

Lyra Kouri muss sich nun nicht nur mit den schädlichen Manipulationen von Geminis potenziellen Partnern befassen, sondern auch mit dem Wissen, dass mehrere ausländische Mächte jahrelang durch verdeckte Kampagnen gegen Gemini gearbeitet und die Stationen absichtlich in eine schwierige Lage gebracht haben.

Neben den politischen Konsequenzen ist sie besonders enttäuscht, dass ihre Partnerin gegen ihre Heimat gearbeitet hat. Sie muss um ihren Job fürchten und wird vielleicht selbst angeklagt. Zu allem Überfluss droht ihrer Geliebten eine lange Gefängnisstrafe oder Verbannung, wenn ihre Rolle als ausländische Agentin jemals aufgedeckt würde.

Letztendlich entscheidet sich Lyra dafür, ihre Vorgesetzten nur über die KI-Manipulationen von Dark-Side zu informieren.

Gemini bricht die Gespräche mit Dark-Side ab und forciert Verhandlungen mit Kopernikus. Dies gibt Lyra einen guten Grund, den Due-Diligence-Prozess zu stoppen und ihre Daten zu löschen, einschließlich ihrer eigenen Entdeckungen. Ein neuer technischer Due-Diligence-Prozess beginnt für Kopernikus, aber jetzt weiß Lyra, wo sie nicht zu genau hinsehen darf.

Lyra behält ihre Position nach der Machtübernahme durch Kopernikus. Kurz darauf wird sie zur Leiterin der Abteilung für Betriebsplanung befördert. Kolleg/innen bei Kopernikus deuten an, dass das neue Management von ihren früheren Untersuchungen weiß und auch, dass Lyra Kopernikus praktisch die Tür geöffnet hat. Sie spekuliert, dass die Leitung von Kopernikus sich ihr vielleicht verpflichtet fühlt. Aber sie hat auch den Verdacht, dass mehr dahintersteckt.

In den nächsten drei Jahren ist Lyra mit der Integration der Betriebsabläufe von Gemini und Kopernikus beschäftigt. Eines Tages, während sie alte Protokolle zur Verdichtung auswählt, stößt sie auf genau die Daten, die vier Jahre zuvor auf die Beteiligung von Dark-Side an der Manipulation hingedeutet hatten. Seltsamerweise haben die Daten jetzt einen aktuellen Zeitstempel, obwohl sie Jahrzehnte alt sind. Neugierig geworden, macht Lyra eine Kopie, bevor der Verdichtungsprozess einen Großteil des Inhalts entfernt, darunter auch die merkwürdig auffälligen Anzeichen für eine Infiltration, die sie vor Jahren entdeckt hatte.

Als Lyra sich die Daten noch einmal genau ansieht und dabei zusätzliche Datenquellen direkt aus der Operationsplanungsabteilung von Kopernikus benutzt, wird ihr klar, dass die Manipulationen der automatisierten Rohstoffhandelsalgorithmen nicht von Dark-Side stammen können. Sie kamen von Kopernikus. Die Ironie ist offensichtlich: Die Fraktion, für die sie sich entschieden hatte – Kopernikus – ist schuld an Geminis Problemen, während sie selbst dafür gesorgt hat, dass Dark-Side, die sie persönlich favorisierte, aus dem Prozess ausgeschlossen wurde. Dabei war Dark-Side in diesem Machtspiel anscheinend der einzige ehrliche Akteur, der nicht versuchte, Gemini zu schaden oder zu manipulieren wie alle anderen.

(Anmerkung: Der Begriff "Dark-Side" klingt zwar etwas bedrohlich, aber er wurde scherzhaft von Prospektoren im Tsiolkovskiy-Krater auf der Rückseite des Mondes benutzt, weil früher manche "Erdlinge" die Rückseite des Mondes als "die dunkle Seite" bezeichneten. In Wirklichkeit erhält die Rückseite des Mondes genauso viel Sonnenlicht wie die Vorderseite. Sie ist nur insofern "dunkel", als sie aufgrund der gebundenen Rotation des Mondes von der Erde aus nie sichtbar ist und deshalb vor dem Raumfahrtzeitalter unbekannt und geheimnisvoll war.)

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