2511 Start der Marco Polo zum Flug nach Ross 614

Die Marco Polo ist das erste kommerzielle Überlichtschiff. Sie wird vom GD Konzern finanziert. Die Marco Polo braucht über zwei Jahre bei einem Überlichtfaktor von 6. An Bord führt sie eine Auswahl von seltenen Erden und Edelmetallen mit, da man noch nicht weiß, was für die Zivilisation von Dilan wertvoll ist. Einschließlich neun Monaten Aufenthalt dauert die Reise fünf Jahre. Die Marco Polo kehrt zurück mit einer kleinen Ladung Hightech-Ausrüstung von Dilan.

Die Marco Polo ist bei weitem nicht das erste solare Schiff, das das Sonnensystem verlässt. Es gab schon einige Auswander- und Forschungsschiffe, die zu nahen Sternen gereist sind. Die Marco Polo ist nicht einmal das erste Schiff, das zu Ross 614 fliegt. Nach einem Besuch eines Forschungsschiffes der ADIC gibt es dort eine Station mit acht Leuten. Aber die Marco Polo ist das erste Schiff, das primär als Handelsschiff und Frachter unterwegs ist. Sie ist das erste rein kommerzielle Überlichtschiff, das eine Alien-Zivilisationen in der Umgebung besucht, um zu handeln.

Nach dem Eintritt in das System stellt die Marco Polo Kontakt mit der ADIC Forschungsstation her. Sie geht in einen Orbit um Dilan. Der Überlichtantrieb hat während des Flugs stark gelitten und wurde mehrmals repariert. Die Marco Polo führt dafür Ersatzteile mit. Aber die Reparaturen auf dem Hinflug haben schon fast alle Ersatzteile verbraucht. Wichtige Komponenten des Überlichtantriebs können nicht mit den bordeigenen Autofabs hergestellt werden. Das Risiko mit defektem Antrieb im interstellaren Raum zu stranden, wäre zu groß. Die Marco Polo sitzt bei Dilan fest.

Die Forschungsstation der ADIC hatte in den letzten Jahren ein einfaches Tauschverfahren mit den Wesen von Dilan entwickelt. Die Menschen legen einen Container mit Material offen aus und kommunizieren durch Gesten für welche Geräte sie sich interessieren. Wenn das Angebot für die Dilan-Wesen interessant ist, dann tauschen diese den angebotenen Container gegen die gewünschte Ausrüstung.

Darüber hinaus gibt es fast keine Kommunikation. Im Gegenteil, die Dilan-Wesen interessieren sich nicht für die Menschen. Menschen können sich frei im Röhrensystem von Dilan bewegen. Überall sind Dilan-Wesen. Sie nehmen aber keine Notiz von den Menschen. Nur dann, wenn Menschen etwas verändern, widersetzen sie sich. Danach kehren sie aber sofort zu ihrer (unverständlichen) Routine zurück.

Nach einigen Monaten, in denen die Besatzung versucht den Antrieb zu reparieren, bietet Pono, die Leiterin der Forschungsstation, den Dilan-Wesen einen der defekten Konverterpole aus dem Überlichtantrieb als Tauschobjekt an. Das erregt kein Interesse.

Als man versuchsweise einen Lanthan-Block dazu legt, verschwinden beide ohne Gegenleistung. Einige Tage später bringt ein Lastengleiter das Triebwerksteil direkt zur Forschungsstation. Eine Überprüfung mit den Messgeräten der Marco Polo ergibt, dass der Konverterpol wieder perfekt abgestimmt und funktionsfähig ist. Die Dilan-Wesen hatten wohl kein Interesse an einem defekten Konverterpol, aber offensichtlich den Reparaturauftrag verstanden.

Mit Hilfe der Dilan-Wesen gelingt es, den Antrieb zu reparieren und genügend Ersatzteile für den Rückflug einzulagern. Dafür werden allerdings fast alle der mitgebrachten Rohstoffe verbraucht. Es droht ein kommerzieller Misserfolg.

Beim Rückflug zeigt sich dann, dass der Verschleiß mit den von Dilan reparierten Konvertern geringer ist als mit den Originalkomponenten. Die Marco Polo hält wieder mehrmals an, um Triebwerksteile auszutauschen. Aber es müssen viel weniger Konverterpole ersetzt werden als beim Hinflug.

Die Marco Polo erreicht das Solsystem zwei Jahre später mit einer kleinen Ladung von Konverterkomponenten, die deutlich besser sind als alles, was die solare Industrie zu bieten hat. Der Verkauf deckt alle Kosten der fünfjährigen Reise.

2515 Galileo-Boykott

Eine Gruppe von Habitaten bei den inneren Jupitermonden (Galileische Monde) bricht mit der klassischen Wirtschaftsform. Die Galileo-Gruppe wendet sich gegen das vorherrschende System der Kapazitäts- und Reputationsbewertungen (CapRep) und führt eine neutrale Buchwährung ein.

Die Galileo-Gruppe ist wirtschaftlich weitgehend autark. Durch die Nähe zu den großen Monden des Jupiter Systems und zu Jupiter selbst ist die Rohstoffversorgung einfach. Alle wichtigen Basiselemente werden durch Gas-Abbau in der Jupiter-Atmosphäre und automatische Ressource-Extraktion von den vielen Monden gewonnen. Autofabs erzeugen daraus alle nötigen Alltagsgegenstände. Nur Designs und Fabrikationslizenzen werden extern eingekauft. Und genau da liegt das Problem. Viele Designs kommen mit einer Rechteverwaltung. Sie haben Replikationskosten, die in Reputationssystemen beglichen werden.

Die Wirtschaft der Galileo-Gruppe ist traditionell schwach bei Kreativ-Währungen und hat deshalb eine negative Zahlungsbilanz. Aus dem Rohstoffexport gewinnt man zwar hohe Guthaben in diversen Kapazitätssystemen, aber die Cap/Rep-Wechselkurse sind stark zuungunsten Rohstoff exportierender Staaten. Es gibt nie genügend Anbieter wirklich guter Kreativleistungen und Fabdesigns. Vor allem in den Bereichen Technologie und Mode sind Fabrikationslizenzen teuer. Auf der anderen Seite gibt es viele Rohstoffanbieter. Dazu kommt, dass der Rohstoffmarkt sehr regional ist, während Designs quer durch das ganze Sonnensystem gehandelt werden können.

Die Galileo-Gruppe hat über die Jahre einen Rep-Schuldenberg aufgebaut. Seit Jahren können keine Top-Designs mehr benutzt werden. Das betrifft die Verbraucher zwar nur im Modebereich, aber die Menschen bemerken natürlich die Einschränkungen, wenn sie neueste Designs nicht benutzen können. Schlimmer sind die Auswirkungen in der Rohstoffwirtschaft. Die Rohstoffextraktion leidet unter zweitklassiger Ausrüstung. Das lässt inzwischen sogar schon den Export schrumpfen, was sich natürlich auf die Zahlungsbilanz auswirkt. Die öffentliche Meinung ist sehr negativ gegenüber dem Rep-basierten Wirtschaftssystem eingestellt. Die Hephaistos-Krise zehn Jahre zuvor hatte außerdem der solaren Öffentlichkeit die Anfälligkeit des Systems vor Augen geführt. Daraus ist die Mengchu-Bewegung entstanden, die sich vom klassischen Wirtschaftssystem abwenden und sich wieder auf die Bedürfnisse der Menschen konzentrieren will.

Besonders absurd ist in den Augen der Mengchu-Anhänger, dass in einer rohstoffreichen Gesellschaft, die alles in Autofabs herstellen kann, trotzdem Engpässe auftreten, weil man sich die Lizenzen nicht leisten kann. Die Designs sind in den Fabs. Die Rohstoffe sind geladen. Die Fabs sind funktionsbereit. Aber sie arbeiten nicht, weil die Rechtefreigabe fehlt. Es gibt künstlich erzeugten Mangel, obwohl man den Kreativ-Kartellen "ja nichts wegnehmen würde, wenn man von einem Design mehr Teile herstellt".

Die Mengchu-Bewegung beschäftigt sich mit der Umgehung der Rechteverwaltung. Die Behörden der Galileo-Gruppe tolerieren das lange. Nach Sanktionen anderer Systemmächte, Embargos und Reputationsverlust kommt eine Mengchu-geführte Regierung an die Macht. In einem Referendum entscheidet sich die Bevölkerung für einen Ausstieg aus der Reputationswirtschaft. Es wird eine lokale Währung eingeführt, die nur von der Galileo-Gruppe gegen Rohstoffe garantiert wird.

Die Abkopplung von den Märkten führt zeitweise zu Versorgungsengpässen. Aber nach einiger Zeit entsteht eine lokale Design-Industrie, die Design-Importe und externe Designer-Rechte weitgehend überflüssig macht.

Buch

Galactic Developments als Buch und eBook für alle, die nicht auf Social Networks aktiv sind oder lieber ein Buch in der Hand haben.