2187 Erste Deportationen von Strafgefangenen zum Mond

Schlechte Arbeitsbedingungen in einigen Teilen der orbitalen Ökonomie führen zu einem Arbeitskräftemangel, der das weitere Wachstum bedroht. Vor allem die Jobs im Ressourcenabbau, auf dem Mond und in Asteroiden, sind schlecht bezahlt und nicht ungefährlich. Schon seit einigen Jahrzehnten steigen die Unfallzahlen im Asteroidenabbau. Hohen Verluste unter den Arbeitern machen diesen Teil der orbitalen Wirtschaft unattraktiv. Aber mangels Profitmargen ist es schwierig, die Attraktivität durch bessere Bezahlung zu verbessern. Inzwischen bedroht die schlechte Verfügbarkeit von Arbeitskräften schon die finanzielle Tragfähigkeit der Weltraumindustrie. Ab 2167 wird es immer schwieriger genügend Ingenieure für gefährliche Jobs im Asteroidenbergbau zu rekrutieren.

Um dem Mangel an Arbeitskräften zu begegnen, gehen viele Regierungen und Unternehmen einen radikalen und umstrittenen Weg. Sie beginnen, Strafgefangene mit langjährigen Haftstrafen zur Arbeit auf den Mond zu deportieren. Schon im Jahr 2172 gibt es erste Pilotprogramme bei denen Strafgefangenen reduzierte Haftstrafen angeboten werden, im Austausch für ihre Dienste im Asteroidenabbau. Trotz heftiger Kritik von Menschenrechtsgruppen sind diese Programme zunächst erfolgreich. Der Erfolg treibt die Initiative voran und bis 2182 bekommen langjährige Gefangene die Option, ihre Strafen auf dem Mond abzuarbeiten, wo sie in Eismienen arbeiten und in normalen Quartieren leben, statt in Gefängniszellen auf der Erde. Die ersten unfreiwilligen Mond-Deportationen im Jahr 2187 sind ein Wendepunkt. Die zwangsweise Erweiterung der Mondbevölkerung durch Gefangene löst neue Schwierigkeiten, soziale Spannungen und sozioökonomische Veränderungen aus.

Der Einsatz von Gefangenen als kostengünstige Arbeitskräfte im gefährlichen Asteroidenbergbau zeigt den starken Einfluss von Geschäftsinteressen auf die Politik. Die Entwicklung wird vor allem dadurch begünstigt, dass sehr viele Nationen der Erde orbitale Kapazitäten als strategische Fähigkeit ansehen und um jeden Preis verhindern wollen, dass sie von anderen überrundet werden.

Aus Kostengründen sind die Arbeitsbedingungen im orbitalen Ressourcenabbau sehr schlecht. Die Häufigkeit von tödlichen Unfällen auf dem Mond und in den Asteroiden zeigt die Gleichgültigkeit der Erde gegenüber der Sicherheit der Weltraumarbeiter. Regierungen und Unternehmen vernachlässigen systematisch die Arbeitssicherheit im Streben nach Profit oder strategischen Vorteilen, wobei Arbeitsprogramme mit Strafgefangenen das Risiko noch erhöhen. Neben unzähligen einzelnen Arbeitsunfällen gibt es zwischen 2187 und 2215 eine Reihe schwerer Unglücksfälle:

Eine skandinavische Initiative, Gefangene im Asteroidenbergbau zu beschäftigen, endet katastrophal aufgrund eines eklatanten Verstoßes gegen Sicherheitsprotokolle. Eine Explosion führt zu drei Todesfällen. Die neue brasilianische Eisbergbaubasis "Yara" auf dem Mond erleidet einen strukturellen Kollaps, der 5 Arbeiter tötet und 15 verletzt. Das australische Raumschiff "Eureka" stürzt während eines Gefangenentransports auf der Mondoberfläche ab. Acht Gefangene und drei Besatzungsmitglieder sterben bei diesem Unfall. Eine Schockwelle in einem Rubble-Pile-Asteroiden setzt Gigatonnen von Felsen in Bewegung und verursacht schweren Schaden an der mobilen Bergbaubasis "Yue Liang" mit 13 Todesfällen. In einem kenianischen Straflager auf dem Mond bricht ein Feuer aus. 15 Gefangene und 2 Mitarbeiter ersticken. Die mexikanische "Luna Libre" Rehabilitationsbasis erleidet einen Dekompressionsunfall bei dem 10 Gefangene getötet und 13 weitere verletzt werden. 2209: Katastrophale Dekompression in einer Mondstation mit 45 Todesfällen: ein einfacher Geräteausfall wird zum Desaster, weil gestreckte Wartungszyklen verhindern, dass Notfalltüren schließen. Das nigerianische Prospektions- und Abbauschiff "Akwụkwọ Nsọ" erleidet einen schweren Unfall während einer Asteroiden-Bergbauoperation: das Quartiermodul der Arbeiter wird aus Versehen abgekoppelt und kollidiert mit einem Asteroiden. Es gibt 12 Opfer. Und die Liste geht weiter.

Nach dem tragischen Unfall auf der Mondstation im Jahr 2209 mit so vielen Todesfällen verstärken Menschenrechtsorganisationen ihre Anstrengungen. Die Katastrophe löst neue Debatten über Arbeitsrechte und ethische Geschäftspraktiken aus. Menschenrechtsorganisationen argumentieren, dass die harten Bedingungen im Weltraum und die hohe Sterblichkeitsrate für diese Gefangenen einer Todesstrafe gleichkommen. Der Kampf gegen Gefangenendeportationen und für verbesserte Sicherheitsbedingungen für alle Weltraumarbeiter gewinnt an Bedeutung in der Öffentlichkeit. Bis 2215 gelingt es schließlich in den meisten Regionen der Erde ein generelles Verbot von Gefangenendeportationen zum Mond durchzusetzen. Damit endet diese umstrittene Praxis.

Innerhalb weniger Jahre wird der Arbeitskräftemangel für die Weltraumunternehmen wieder zum Problem. Sie reagieren darauf, indem sie mehr in ihre Belegschaft investieren, Sicherheitsprotokolle verbessern und bessere Ausrüstung bereitstellen. Die Space Patrol des Peace Corps spielt dabei eine Schlüsselrolle, indem sie neue Sicherheitsstandards vorschreibt, die anschließend von Versicherungsgesellschaften durchgesetzt werden, sodass die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften zu einer branchenweiten Notwendigkeit wird.

Der zeitweilige Rückgang der Prospektions- und Abbauaktivitäten aufgrund des Arbeitskräftemangels reduziert die Verfügbarkeit günstiger Baumaterialien im Orbit. Aber die Industrie investiert jetzt in Sicherheit und höhere Löhne. Dadurch wird die Branche attraktiver für freiwillige Arbeiter. Nach wenigen Jahren ist diese Krise überwunden.

Der Wandel, der als Menschenrechtsthema begonnen hatte, führt zu einem qualitativen Sprung in der orbitalen Ressourcengewinnung. Als die Weltraumunternehmen sich endlich dazu durchringen, die Arbeit im Weltraum sicherer und attraktiver zu gestalten, steigt die Verfügbarkeit von Rohmaterialien im Orbit exponentiell an. Der daraus resultierende Preisverfall löst in der Weltraumindustrie einen Boom aus.