2349 Omikron-Ereignis

Ein fremdes Objekt durchquert das Sonnensystem.

Das Objekt ist 250.000 Kilometer groß, viel größer als Jupiter. Aber es scheint immateriell zu sein. Jedenfalls übt es keine messbare Gravitation aus. Das Objekt durchquert das Sonnensystem auf Höhe der Saturnbahn mit einer Geschwindigkeit von 370 km/s. Sein Kurs ist absolut linear ohne gravitative Einflüsse. Es gibt keine Kommunikation, nur einen Rendezvous-Versuch durch einen Fusionsfackel-Prospektor. Das Objekt verschwindet nach vier Monaten wieder im interstellaren Raum.

Entdeckt wird das Omikron-Objekt durch seine Wechselwirkung mit dem interplanetaren Wasserstoff. Er sendet beim Durchgang durch das Objekt eine Cherenkov-ähnliche Strahlung aus. Aus dem Sternbild Löwe kommend, zieht das Objekt eine ideale Gerade unbeeinflusst durch die Gravitation der Sonne in Richtung des Wassermanns.

Wegen seiner flachen Neigung von nur 18 Grad zur Ekliptik wird es relativ früh entdeckt, bevor es die Uranusbahn erreicht. Der Saturn steht zu dieser Zeit auf der anderen Seite der Sonne. Das Objekt kommt bis auf 300 Millionen Kilometer an äußere Jupiter-Trojaner heran. Dort gibt es einige kleine Außenposten und unabhängige Basen. Aber die Entfernungen im äußeren System sind sehr groß. Von den Trojanern kann kein Schiff das Objekt erreichen. Ein Kometenprospektor auf dem Weg in den Kuipergürtel (die Guangxian von Xia Bing) kann sich unter Einsatz aller Treibstoffreserven bis auf 30 Millionen Kilometer nähern. Beim Punkt größter Annäherung bleibt trotzdem eine Relativgeschwindigkeit von 150 km/s, so dass sich das Objekt jede Stunde wieder um eine halbe Million Kilometer von der Guangxian entfernt. Die Guangxian driftet anschließend mehrere Monate bis zur Neptunbahn, bevor sie aufgetankt und abgebremst werden kann.

Es gibt viele Theorien zur Natur des Omikron-Objekts. Manche Wissenschaftler halten es für ein unbekanntes makroskopisches Elementarteilchen, andere für das Produkt einer höherstehenden Zivilisation.

Richtung und Geschwindigkeit favorisieren allerdings eine andere exotische Theorie. Das Omikron-Objekt könnte ein sogenannter Uananchi-Knoten sein, ein Punkt im Raum, der in der Raumzeit fest verankert ist (vor Neneh Uananchi, 2231, auch Archimedischer Punkt genannt). Tatsächlich befindet sich das Omikron-Objekt in Ruhe bezüglich des kosmischen Mikrowellenhintergrunds mit einer Relativgeschwindigkeit von unter 10 m/s. Da sich das Sonnensystem mit der Milchstraße in Richtung des Attraktors im Sternbild Löwe bewegt, kam es mit 370 km/s am feststehenden Uananchi-Knoten vorbei, der also nur scheinbar das Sonnensystem durchquerte.

Die Bahn des Omikron-Objekts ist sehr genau bekannt. Trotzdem wird es im Zeitalter des Überlichtflugs nicht mehr wiedergefunden.

2350 Aufstieg Vestas

Bewaffnete Übernahme der Mai-Ling-Station durch Mannschaften der Vesta Domäne.

2351 Baubeginn des Giant Gravitic Interferometers

Im Endausbau wird das GGI aus mehreren Interferometern bestehen, jeweils mit einer Basislänge von der Größe der Neptun-Bahn, die in drei orthogonalen Ebenen um die Sonne rotieren.

2357 Raumschiffe mit unkonventionellem Antrieb

Die Firma Sanchez Engineering erwirbt die erste Lizenz zum Bau von kommerziellen Raumschiffen mit Raumkrümmer-Antrieb.

2359 Der erste offene Bereich auf dem Mond

Ein Bereich der Mondoberfläche wird durch eine immaterielle Kuppel abgeschirmt. Das Gebiet ist offen zum Weltraum, wie die Oberfläche der Erde. Durch technische Maßnahmen werden atmosphärische Bedingungen wie auf der Erde hergestellt, ohne dass eine feste transparente Kuppel, massive Abschirmungen oder Seitenwände nötig sind.

Der offene Bereich hat einen Durchmesser von fünf Kilometern. Die Atmosphäre ist insgesamt drei Kilometer hoch. Davon sind allerdings nur die untersten 100 Meter bewohnbar. Darüber beginnen die Schichten des Einschluss-Systems. Das System gewährleistet einen Druck von 0,7 bar in Bodennähe und einen Sauerstoffpartialdruck, der einen unbegrenzten Aufenthalt ohne zusätzliche Lebenserhaltung ermöglicht.

Eine Kombination von transparenten Abschirmungen und aktiven Techniken hält die Atmosphäre und schützt vor der Strahlung. Der Bereich ist nicht vollständig offen zum Raum. Tatsächlich wird er überdeckt von mehreren Schichten aus Gittern transparenter Streben an denen elektromagnetische Nahfeldprojektoren befestigt, die die Bewegung der Atmosphärenmoleküle nach innen begrenzen. Die größeren Komponenten am Himmel werden durch Metamaterialien für optische Wellenlängen unsichtbar gemacht. Aus Sicherheitsgründen gibt es zusätzlich eine passive schützende Hülle aus transparenter Keramik.

Damit unterscheidet sich der offene Bereich nicht wirklich von anderen transparenten Domen. Aber die Wirkung ist trotzdem beeindruckend. Verlässt man die Mondstadt Vegas durch den neuen Ausgang zum offenen Bereich und spaziert hinunter über die große Freitreppe, dann kommt man in einen grünen Park unter einem dunkelblauen Himmel, wie auf der Erde in 3-4 Kilometer Höhe. Das ist ein spektakulärer Unterschied zur übrigen Mondoberfläche, die geprägt ist von harter Strahlung, Vakuum und toxischem Feinstaub.

Der offene Bereich wird im Lauf der Zeit immer weiter ausgebaut. 100 Jahre später, bei der Erweiterung auf 20 Kilometer Durchmesser verzichtet man auf die schützende Kuppel, da sich die anderen Maßnahmen als sehr zuverlässig erwiesen haben.

Der offene Bereich wird zum beliebten Ausflugsziel für die Bewohner des Mondes und für Touristen. Lange Zeit ist Vegas der Sitz der Solaren Koalition. Obwohl das Sonnensystem nie politisch geeint ist, betrachten viele Menschen Vegas als die Hauptstadt des Sonnensystems. Die Möglichkeit, sich ungehindert von den üblichen Abschirmungen unter einem offenen Himmel zu bewegen, macht Vegas sehr attraktiv. Während der Abschottung der Erde tragen offene Bereiche wesentlich dazu bei, dass Menschen im interplanetaren Raum heimisch werden.

Während des Systemkriegs im 26. Jahrhundert landen Koalitionstruppen im offenen Bereich von Vegas. Die Eindämmungstechnik wird dadurch teilweise beschädigt. Aber Notfallmaßnahmen verhindern eine katastrophale Dekompression. Die Landung im offenen Bereich hat für die Koalitionstruppen den Vorteil, dass sie wie frühere Luftlandetruppen abspringen und dann unter Normaldruck agieren können. Auf diese Weise ist es möglich – für einen Kampf im Weltraum – ungewöhnlich viele Bodentruppen einzusetzen. Die Verteidiger werden dadurch überrascht und überrannt. Nach der Einnahme von Vegas ziehen sich die irdischen Truppen vom Mond zurück.

Anfang des 28. Jahrhunderts lebt mehr als eine halbe Milliarde Menschen außerhalb der Erde. Auf Mond, Mars und anderen atmosphärenlosen Himmelskörpern gibt es viele offene Bereiche mit einer Gesamtfläche von über 2000 Quadratkilometern. Während des Kisor-Kriegs schrumpft die interplanetare Bevölkerung stark und viele offene Bereiche werden aufgegeben, um die Unterhaltskosten zu sparen. In der Endphase des Krieges wird dann die Metropolregion Vegas/Luna wegen ihrer industriellen Kapazität zum Angriffsziel. Auch der offene Bereich von Vegas, einer der letzten noch aktiven, wird dabei zerstört.