2445 Das Scum-Festival wird Teil der Popkultur

Das Scum-Festival ist seit 60 Jahren ein regelmäßiges Treffen von unregistrierten Schiffen, von Außenseitern, freien Lastkähnen, hafenlosen Wohnschiffen und von mobilen Koppelverbänden mit Schleppern. Die meisten Bewohner der Schiffe haben keine Aufenthaltsgenehmigung für Raumstädte und -stationen. Viele sind staatenlos. Stationsverwaltungen betrachten die Schiffe als Abschaum oder Kriminelle. Tatsächlich dürfen viele der Schiffe nicht an den großen Stationen andocken, und erst recht nicht an Mars-Aufzugszugängen. Ein Treffen im leeren Raum ist für sie die einzige Möglichkeit physische Dinge auszutauschen.

Begonnen hat das Scum-Festival als Handelstreffen von fünf Lastkähnen mit Wohncontainern. Die "Schiffe" kamen alle 2,1 Jahre zur Mars/Jupiter Konjunktion zusammen, um Hardware, Fabinput und Lebensmittel zu tauschen und sich ohne Lichtverzögerung zu besprechen. Damals ging es um existentielle Bedürfnisse und Strategien für den Umgang mit gemeinsamen Problemen. Schon früh gab es neben den geschäftlichen Treffen auch soziale und kulturelle Acts.

Beim 13. Treffen, damals noch nicht als Festival bezeichnet, kam die Memslam-Legende Krex Kabamba. Der Auftritt war inszeniert als Underground-Event, aber Kabamba hatte ein Medienteam eingeladen, das im inneren System eine hohe Aufmerksamkeit erzeugte. Sie erreichten integriert einen ph-Wert, also einen Prozentstunden Marktanteil von 15. Das genügte, um beim folgenden Treffen 2.000 Fans in eigenen Fahrzeugen anzuziehen. Besucherzahlen und Show-Acts nahmen ab da stetig zu. Zum 15. Festival wurde ein Truppentransporter zusätzlich als Veranstaltungs- und Übernachtungsort gemietet. Seit dem 21. Scum-Festival findet die Veranstaltung jedes Marsjahr statt (etwa 1,9 Erdjahre).

Obwohl inzwischen hunderte mobile Einheiten zusammenkommen, übersteigt die Zahl der Besucher die der Bewohner bei weitem. Die Organisatoren mieten die Docks von Sdinhavn als Veranstaltungsort. Systemweit bekannte Künstler treten persönlich live auf. Es gibt eine große Zahl von Musikkonzerten, Medienpräsentationen, Kunstprojekten und interaktiven Wettbewerben.

Neben den passiven Medien, Musik, Film, Virtual und Augmented Reality, Sensory Link, Memslam und Walkthroughs, gibt es viele Formate mit Publikumsbeteiligung: IM, AT, CD, AA (Interactive Media, Avatar Theater, Crowd Directing, Asymmetrische Abenteuer). Bei jedem Scum-Festival werden Stars geboren. Aber der Live-Charakter der Programmpunkte sorgt auch dafür, dass gehypte Stars abstürzen können, wenn ihre Performance enttäuscht.

Die Innersystem Creative Competition wird regelmäßig beim Scum-Festival abgehalten. Seit ScumXXV findet die Verleihung der MFP Slink-Awards (Marktorf Filmkraft Produkktion Sensory Link Award) parallel zum Festival statt, allerdings aus Sicherheitsgründen im Sdinhavn Kongresszentrum.

Viele Nachrichtenagenturen berichten vom Festival. Die Übertragungsrechte sind frei. Professionelle und semi-professionelle Slinker streamen rund um die Uhr. Millionen nehmen so quasi-live teil. Aber Slink ist nicht Scum, wie man so schön sagt. Ein Slink kann das persönliche Erlebnis nicht ersetzen. Deshalb kommen alle zwei Jahre 38.000 Besucher nach Sdinhavn. Der Eintritt ist auf 38.000 limitiert und die Organisatoren wollen die Präsenzveranstaltung nicht noch weiterwachsen lassen.

Die Veranstaltung wird finanziert durch Catering, Merchandising und Auftrittsrechte. Besucher müssen natürlich selbst für Lebenserhaltung und Sicherheitsversicherung aufkommen. Beides ist bei den etablierten Hotels in den Übernachtungskosten enthalten. Für die anderen 25.000, die zwei Wochen in den Truppentransportern kampieren, gibt es Komplettpakete. Die Eintrittskarten sind kostenlos. Sie werden je zur Hälfte verlost und über CRAP (ein Kreativarbeiter-Reputationsnetz) vergeben. Auf dem freien Markt werden horrende Preise gezahlt.

2449 Sogenannter "Putsch der Nabe" von Vesta Prime gegen die kollektive Führung der Pallas Domäne

Ende des transorbitalen Ausgleichs. In den folgenden acht Jahren Unabhängigkeit der Protektorate.

2453 Voyager 1 wird wiedergefunden

Der Buzzgenerator TeraXinxi von Ceres benutzt ein experimentelles Überlichtschiff, um die Voyager 1 Sonde aufzubringen. Voyager 1 ist zu diesem Zeitpunkt 1700 Astronomische Einheiten (10 Lichttage) vom inneren System entfernt. Die Reise zum Zielgebiet dauert einen Monat. Nach einer längeren Suche wird die Sonde tatsächlich gefunden und eingebracht. Mitgereiste Wissenschaftler untersuchen die Sonde und machen einen detaillierten 3D-Scan.

Dann wird die Isotopenbatterie wieder aufgeladen, ein moderner Transceiver eingesetzt und das Kommunikationssystem neu programmiert. Dahinter verbirgt sich die Absicht, einige Zeit weiter mit der Sonde zu kommunizieren. Die Sonde wird dadurch verändert. Dieser Teil der Aktion ist sehr umstritten, da die Sonde von der Koalition vor langer Zeit zum technischen Erbe der Menschheit erklärt wurde. Anschließend wird die Sonde wieder auf ihrem ursprünglichen Kurs ausgesetzt, um die lange Reise fortzusetzen.

Die Sonde wird 24 Jahre später noch einmal besucht. Ein Wissenschaftskanal (Etaupi) plant zum 500. Jubiläum des Starts von Voyager eine Serie über die frühe Raumfahrt. Inzwischen ist man außerhalb des Sonnensystems mit 1,5-facher Lichtgeschwindigkeit unterwegs. Etaupi besucht Voyager 1/2, einige Pioneer-Sonden, New Horizons und andere Sonden des frühen 21. Jahrhunderts. Alle Sonden werden an Bord genommen, ohne ihren Kurs zu ändern. Die Bergungsschiffe manövrieren sich um die Sonden herum. Etaupi geht dabei wesentlich vorsichtiger vor als TeraXinxi. Bei Voyager 1 fällt durch einen Zufall auf, dass nicht nur die Batterie und das Funksystem, sondern auch die Goldscheibe ersetzt wurde. Dafür gibt es keinen plausiblen Grund. Weitere Untersuchungen zeigen, dass auch andere Teile von Voyager 1 verändert wurden. Es gibt dazu keine Erklärung von TeraXinxi. Die Sache bleibt mysteriös und löst viele Spekulationen aus.

Schon kurz nach der ersten Bergung gab es Gerüchte, dass TeraXinxi nicht alle Daten veröffentlicht hatte. Das veröffentlichte 3D-Modell aus dem Scan ist sehr detailliert. Es hat eine Auflösung von zehn Mikrometern. An einigen Stellen ist es wesentlich grober mit nur 0,1 mm Auflösung. Das kann ein Hinweis auf (schlecht ausgeführte) Manipulation sein.

Es gibt Aufnahmen im Solnet, die zusätzliche Gruppen von Kratzern und Kerben auf der Goldscheibe zeigen. Manche bezeichnen diese Spuren als Symbole. Haben NASA Mitarbeiter sich kurz vor dem Start noch auf Voyager verewigt? Oder wurden die zusätzlichen Spuren nach dem Start angebracht? Vielleicht gab es schon vorher im späten 24. oder frühen 25. Jahrhundert andere Besucher mit konventionellen Triebwerken.

Die Bedeutung der Symbole erschließt sich nicht. Sie lassen sich nur vage einigen solaren Kulturkreisen zuordnen. Deshalb gibt es Spekulationen, dass die Spuren außerirdischen Ursprungs sind. Dagegen spricht, dass die Medienkampagne von TeraXinxi keinen Hinweis auf die Symbole enthält. Die Aufmerksamkeit durch unerklärliche Symbole wäre für TeraXinxi sehr wertvoll gewesen.

Die Authentizität der Aufnahmen ist unklar. Allerdings passen sie zu den Scans, d.h. die Scans sind genau in den Bereichen der eingekratzten Symbole unscharf. Die fraglichen Aufnahmen sind nachweislich vor den Scans ins Solnet gelangt. Ungeklärt bleibt auch, warum TeraXinxi weitere Manipulationen an Voyager 1 vorgenommen hat, ohne darüber zu berichten.

Buch

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